Frontplatten gravieren und fräsen

Frontplatten fräsen

Frontplatten für elektronische Geräte, zum Beispiel für meine CNC-Steuerung, stelle ich mittlerweile nur noch zweiteilig her. Nachdem fast alle Gravierversuche direkt in Aluminiumblech als Desaster geendet haben, klebe ich auf die eigentliche Frontplatte des Gehäuses eine dicke Folie aus zweifarbigem Kunststoff, die ich auf meiner Portalfräsmaschine ausschneide und graviere.

Das Basismaterial der Folie ist schwarz, darauf liegt eine dünne Schicht, die es in mehreren Farben gibt. Ich bevorzuge eine Sorte, die wie strichmattierter Edelstahl aussieht und eine andere in weiß. Durch das Gravieren tritt die Schrift in schwarz auf silber oder schwarz auf weiß in Erscheinung.

Hier schauen sie sich gerne weitere interessante Beispiele zum Thema Frontplatten fräsen an.

Das Material stammt von der Firma Eckart und wird unter der Bezeichnung „Ultraply“ in den Stärken 0,7 / 1,5 / 2,3 mm angeboten. Die Formate sind entweder 610 x 610 mm oder 1220 x 610 mm. Eine Folie 610 x 610 kostet 16,00 €. Da ich aus einer Folie vier große Frontplatten mache, ist das ziemlich günstig. Von Eckart gibt es noch andere Materialien, schauen Sie einfach mal rein. Preise stehen nicht auf der Seite, aber Anfragen werden zügig beantwortet.

Als Gravierwerkzeug benutze ich einen Stichel mit 40° Spitzenwinkel und einer 0,1 mm breiten Spitze. Die Gravurtiefe stelle ich an meinem Gravurtiefenregler auf 0,3 mm ein. Damit erhalte ich eine sehr saubere Gravur in der passenden Strichstärke. Die Kleinbuchstaben der Schrift sind ca. 2,5 mm hoch. Bei größeren Schriften empfiehlt es sich, einen Stichel mit größerem Spitzenwinkel zu verwenden, weil für eine passende Strichstärke sonst die Gravurtiefe zu groß wird. Die Strichstärke läßt sich übrigens recht einfach nach der folgenden Formel berechnen:

Strichstärke = Durchmesser Spitze + ((Gravurtiefe * tan(Spitzenwinkel / 2)) * 2)

Beim oben genanten Stichel und 0,3 mm Gravurtiefe ist das also

0,1 + ((0,3 * tan(20°)) * 2) = 0,1 + ((0,3 * 0,36397) * 2)= 0,32 mm

Die Tangenswerte für andere Spitzenwinkel finden Sie in Tabellen mit Winkelfunktionen. Für die gängigsten Winkel sind die Werte wie folgt:

  • 15° = 0,26795
  • 20° = 0,36397
  • 22,5° = 0,41421
  • 30° = 0,57735
  • 45° = 1,0

Benutzen Sie einen Stichel, der keinen Spitzenanschliff hat, dann ist der Spitzendurchmesser natürlich Null. Ich würde aber nicht dazu raten, weil bei diesen Sticheln die Spitze extrem schnell abbricht. Meine Stichel habe ich übrigens bei eBay gekauft.

Hier eine Tabelle, die ich auf einer amerikanischen Seite gefunden habe. Sie gibt die Strichstärke in Abhängigkeit von der Zeichenhöhe an. Durch die Umrechnung von Zoll in mm sind die Werte etwas „krumm“.

Höhe der Zeichen
Strichstärke Single Line
Strichstärke Outline
1,6
0,4
0,25
3,0
0,5
0,25
6,0
0,8
0,4
8,0
1,0
0,4
13,0
1,5
0,8
18,0
2,3
1,0
25,0
3,2
1,5
30,0
4,3
1,5
50,0
6,4
1,5

Ein Problem, dass sich immer wieder stellt, ist die Befestigung des Graviermaterials auf dem Maschinentisch. Ich habe das Problem, wie ich glaube, sehr elegant gelöst. Ich befestige zunächst eine MDF-Platte auf dem Tisch und sprühe dann die Gravierfolie von der Rückseite mit 3M Creative Mount Sprühkleber ein. Nach der Ablüftzeit von ca. einer Minute haftet das Material dann relativ fest auf der MDF-Platte. Die Folie kann beliebig of zum Ausrichten wieder abgezogen werden. Nach getaner Arbeit läßt sich der Kleber leicht mit Alkohol (Brennspiritus) entfernen. Der umgekehrte Weg, nämlich die Platte einzusprühen, empfiehlt sich nicht, weil dann der Staub von der Bearbeitung darauf haftet. Den Kleber gibt es in Geschäften für Grafiker-Bedarf. Nehmen Sie keinen aus dem Baumarkt, das ist ein ekliges Zeug!

Ich empfehle übrigens, die Schutzfolie auf der Gravierfolie VOR der Bearbeitung zu entfernen. Weil mein Gravurtiefenregler einen Teflonring hat, mit dem er auf dem Material aufsitzt, gibt es keine Kratzer. Andererseits habe ich erlebt, dass sich die Schutzfolie währen des Gravierens löst und verknäult. Wenn dann der Gravurtiefenregler darauf aufsitzt, wird die Gravurtiefe nicht erreicht.

Beim Gravieren ist es auch wichtig, dass Sie entweder mit Staubabsaugung arbeiten oder die Maschine überwachen und den Staub mit Druckluft wegblasen. Der Staub ist durch die Bearbeitung statisch aufgeladen und setzt sich auf der Folie und am Gravurtiefenregler fest. Dadurch kann es passieren, dass der Gravurtiefenregler auf dem Staub „reitet“ und die Gravurtiefe nicht erreicht wird.

Nach dem Gravieren müssen noch die Ausschnitte für Stecker und Bedienelemente hergestellt werden. Ich habe das zunächst mit einem kleinen Fräser (3 mm) versucht. Leider funktioniert das überhaupt nicht, weil der Fräser mit seiner Spirale das Material hochzieht. Die Haftung des Sprühklebers verhindert nur das seitliche Verschieben, den Abhebekräften des Fräsers hat er nichts entgegenzusetzen. Ich bin dann auf die Idee gekommen, die Ausschnitte mit dem Gravierstichel herzustellen. Die Seiten werden dann zwar schräg, aber bei 20° ist das kaum zu erkennen. Um die Ausschnitte präzise auf die richtige Größe auszuschneiden, muß natürlich der richtige Abstand des Fräsers von der Kontur berechnet werden. Weil der Fräser v-förmig ist, haben wir es natürlich wieder mit den Winkelfunktionen zu tun. Stellen Sie also die gleiche Berechnung wie für die Strichstärke an, wobei die Gravurtiefe jetzt größer ist. Ich arbeite bei der 0,7 mm starken Folie mit 1 mm Gravurtiefe, um sie sicher durchzuschneiden. Das ergibt bei einem Stichel mit 40° und 0,1 mm Spitzendurchmesser rund 0,8 mm. Demnach gebe ich beim Generieren des CNC-Programms einen Fräserdurchmesser von 0,8 mm an. Die Ausschnitte sind dann auf der Oberseite genau so groß wie gezeichnet. Nach unten werden Sie enger, aber das spielt bei der dünnen Folie kaum eine Rolle. Mit der gleichen Technik können Sie auch Teile aus dünnem Sperrholz oder Balsa ausschneiden, wenn Sie die schrägen Kanten nicht stören.

Nach dem Gravieren und Ausschneiden ziehen Sie die Folie einfach von der Platte ab. Die ausgeschnittenen Teile, soweit nicht durch die Druckluft bereits weggeblasen, bleiben auf der Platte haften und können leicht mit einem Spachtel entfernt werden.

Das größte Problem bei der Herstellung von Frontplatten ist die Beschriftung. Wir haben es ja bei den kleinen Schriftgrößen mit so genannten Einlinien-Schriften zu tun, das heißt, es wird nicht der Umriss der Zeichen gefräst, sondern die Zeichen bestehen aus einzelnen Linien, so wie man schreibt.

Die Anzeige der Fräserbahnen in Mach3, oben die Einlinienschrift, unten die Outline-Schrift.

Bei großen Schriften ist die Outline-Schrift besser, man kann dann entweder nur den Umriss gravieren oder, was besser aussieht, die Schrift ausräumen, bzw. den Hintergrund ausräumen, so dass die Schrift erhaben stehenbleibt.

Eine große Schrift als Outline in MDF gefräst.
Outline-Schriften kann man leicht mit einem CAD-Programm erzeugen, indem man eine Schrift in Vektoren oder Polygone umwandelt. Für den folgenden CNC-Generator ist die Schrift dann einfach eine Folge von Umrissen, die in ein CNC-Programm umgewandelt werden.

Leider funktioniert das bei kleinen Schriftgrößen nicht mehr, durch das Umfahren des Zeichens mit dem Gravierstichel wird die Strichstärke zu groß, hier braucht es Single Line Schriften.

Kostenlose Schriften sind im Internet praktisch nicht zu finden. Dazu kommt das Problem, dass die käuflichen Schriften oft nur mit speziellen Programmen benutzbar sind. Das preislich interessanteste Programm, das ich gefunden habe, ist NC-Font 5.2 von www.fastnc.de. Das Programm kostet 89,- €, jede Single Line Schrift nochmal 35,- € (verglichen mit anderen Anbietern ist das sogar günstig). Das Programm kann auch TrueType-Schriften in Outline-Schriften umwandeln und daraus ein CNC-Programm generieren.

Mit NC-Font 5.2 kann man nur Schriften, z.B. für Schilder, fräsen. Um grafische Elemente zu fräsen oder Ausschnitte in einer Frontplatte anzufertigen, braucht man eine Zeichnung, die zusammen mit der Beschriftung in ein CNC-Programm umgewandelt wird. Das geht im Prinzip nur mit einem CAD-Programm, in dem die Schrift beliebig positioniert werden kann.
Ich habe deshalb mit DesignCad 3D etwas experimentiert. Die Software kommt mit fünf Einlinienschriften, die beliebig skaliert (in der Größe verändert) werden können. Wichtig ist, dass Sie bei der Texteingabe die Vektorschriften auswählen.

Die Einlienienschriften in DesignCad.
In der Abbildung erkennen Sie, dass die Schriften teilweise nur aus Geraden oder kurzen Bogensegmenten zusammengesetzt sind, es fehlt der rechte Schwung. Deshalb sind die Vektorschriften in DesignCad auch nur für kleine Schriftgrößen geeignet, was aber bei der Beschriftung einer Frontplatte kein Problem darstellen sollte.

Genau wie bei einer Outline-Schrift muss die Eilinienschrift in Vektoren umgewandelt werden, sonst bekommen Sie sie im CAM-Programm nicht zu sehen. Dazu klicken Sie in DesignCad mit der rechten Maustaste auf den Text und wählen im Kontextmenü die Vektorkonvertierung.

Ein interessante Sammlung von Einlinienschriften habe ich bei www.mr-clipart gefunden. Diese besteht aus 17 verschiedenen Schriften, die folgende Abbildung zeigt allerdings nur 15 davon.

Nach der Bestellung kommen die Schriften auf CD sehr zügig per FedEx. Die Kosten für 17 Schriften belaufen sich auf knapp 112,- € inkl. Versand, das finde ich, verglichen mit NC-Font, sehr günstig. Vor allen Dingen sind die Schriften im CAD-System nutzbar und können mit Zeichnungen kombiniert werden.

Um die Schriften zu installieren, müssen sie auf der CD das Verzeichnis truetype öffnen, alle anderen Verzeichnisse können Sie ignorieren. Sie sehen dann die Verzeichnisse für die einzelnen Schriften, z.B. BH. Wenn Sie diese Verzeichnisse öffnen, finden Sie jeweils eine Datei mit der Endung .ttf Diese Dateien kopieren Sie in das Verzeichnis c:\Windows\Fonts. Die Schriften werden dann automatisch installiert.

In DesignCad müssen Sie bei der Texteingabe diesmal die TrueType-Schriften auswählen und finden dann alle Einlienienschriften unter Namen, die mit Engarave beginnen. Vor der Übertragung in ein CAM-System müssen Sie die Schriften in Vektoren umwandeln, siehe oben.

Wenn Sie selbst im Internet nach Einlinienschriften suchen wollen, dann geben SIe nicht Einlinienschrift, sondern Gravierschrift oder Gravurschrift in die Suchmaschine ein, das bringt bessere Ergebnisse.